Monopol

Zum Tod von Walter Dahn

Zum Tod von Walter Dahn
Walter Dahn 1997
Walter Dahn 1997

Sein Karrierebeginn war ein Paukenschlag, seine Bilder zeugen von radikaler Hingabe zur Malerei. Walter Dahn hat als Vertreter der "Jungen Wilden" die deutsche Kunstwelt verändert - nun ist er mit 70 Jahren gestorben

Die 1980er-Jahre der Kunst in der Bundesrepublik begannen nicht mit einem Paukenschlag, sondern gleich mit mehreren. Es trat auf: die Szene, die bald als "Junge Wilde" bezeichnet wurde. Als ob nicht jede neue Generation als "wild" gegolten hätte, die den Älteren ihren Platz streitig machte. Aber bei den Vertretern um 1980 traf die Bezeichnung in besonderem Maße zu. Sie wollten tatsächlich aufräumen mit dem gepflegten Konformismus der Vorgänger, die sich an den Kunstakademien eingerichtet hatten und den Ausstellungsbetrieb der Museen dominierten.

Einer dieser Paukenschläge ertönte in Köln. Im Bezirk Mülheim, auf der "drüberen", der rechten Rheinseite gelegen und seit jeher Synonym für Abweichung, hatten einige Jungkünstler ihr Atelier im Hinterhof eines Gebäudes an der Straße, die tatsächlich "Mülheimer Freiheit" hieß. Was lag näher, als diesen Namen zum Label derer zu nehmen, die fortan als Gruppe auftreten wollten? Die Vermarktung durch eine ihrerseits aufstrebende und bald zu den ersten Playern des Marktes zählende Galerie kam hinzu. Paul Maenz, fortan einer der Großen von Köln, beförderte die "Mülheimer Freiheit" nach Kräften.

Schwer zu sagen, wer damals unter den Gruppenmitgliedern herausragte; alsbald jedoch waren es Walter Dahn und Jiri Georg Dokoupil, die am engsten mit der Gruppe assoziiert wurden. Dazu kam, dass die beiden über Jahre hinweg gemeinsam malten. Ja, Malerei war angesagt, das ist noch zu ergänzen, wie überhaupt der "Aufstand" der Jüngeren eine Wiederkehr der Malerei gegenüber Installation und Performance bedeutete.

Aus dem Stand auf allen Großausstellungen

Walter Dahn, 1954 im niederrheinischen St. Tönis geboren, hatte an der Düsseldorfer Akademie studiert, während einem Großteil der 70er-Jahre, und die Hochschule als Meisterschüler von Joseph Beuys abgeschlossen. Beuys, diese alles überstrahlende Figur nicht nur der Düsseldorfer Szene! Aber Dahn malte, und insofern war es konsequent, die paar Dutzend Kilometer stromaufwärts nach Köln zu übersiedeln. Die Rivalität der beiden rheinischen Metropolen spielte damals eine enorme Rolle, es gab Großausstellungen hier wie dort, die die Vormachtstellung der jeweiligen Stadt unterstreichen sollten.

Dahn, der mit dem bis auf wenige Monate gleichaltrigen Dokoupil im Mülheimer Atelier arbeitete und eine Weile lang Gemeinschaftsbilder malte, war quasi aus dem Stand heraus auf allen damaligen Großausstellungen vertreten; 1982 bereits erfolgte der Ritterschlag mit der Teilnahme an der Documenta 7, die der gegenüber Malerei besonders aufgeschlossene Rudi Fuchs verantwortete. Mit sechs Großformaten, meist zwei auf anderthalb Meter, war Dahn dort zu sehen.

Darunter war auch "Einen Besen fressen" – ein Bild, das diesen landläufigen Spruch wörtlich nahm und eine Person zeigte, der ein Holzstiel im Halse steckt. Diese Methode, Sprachbilder wörtlich zu nehmen und überhaupt mit Worten zu spielen, wendete Dahn in dieser Zeit vielfach an. Oft schrieb er sie auch auf die Leinwand, die er mit dickem Farbauftrag bearbeitete.

Eine Manifestation der Malerei

"Bestimmte Elemente wurden sofort reflektiert, wie alles immer reflektiert wurde", hat Dahn einmal gesagt, mit Blick auf die Rolle der Galerie Maenz als Informationsbörse. Dort lernten die jungen Deutschen die Italiener der "Transavanguardia" kennen, allen voran Sandro Chia und Enzo Cucchi, die denn auch bei der Documenta vertreten waren und ebenso bei der gleich im Anschluss eröffneten Berliner Ausstellung "Zeitgeist". Das war dann eine Manifestation der auch international an die Spitze gerückten Malerei, die die Farbe feierte und sich um die Form nicht sehr bekümmerte.

Dahn und Dokoupil erhielten bald darauf einen Lehrauftrag an der Düsseldorfer Akademie, Gruppenausstellungen der "Mülheimer Freiheit" reihten sich dicht an dicht. Als sich 1989 Nordrhein-Westfalen mit einer umfangreichen Ausstellung als Kunstland feierte, war der Neo-Expressionismus bereits abgeklungen. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die auf Reisen geschickte NRW-Ausstellung unter dem Titel "Zeitzeichen" just an dem Tag in Leipzig eröffnet wurde, also in der damaligen DDR, an dem in Berlin die Mauer fiel. Das war in jeder Hinsicht eine Zäsur. "Für mich war die 'Mülheimer Freiheit' ein Nadelöhr, durch das ich durch musste", hat Dahn in späten Jahren einmal gesagt. Es war für ihn auch ein Prozess der Abnabelung vom Übervater Beuys, den er mit seinen Bildern radikal vollzog.

1996 kehrte er in den Lehrbetrieb zurück, nun durch Berufung auf eine Professur in Braunschweig. Im Karlsruher ZKM gab es 2003 eine Ausstellung unter dem bezeichnenden Titel "Obsessive Malerei. Ein Rückblick auf die Neuen Wilden", in der die Künstler der "Mülheimer Freiheit" prominent vertreten waren. Im Alter von 70 Jahren ist Walter Dahn dieser Tage in seiner Wahlheimat Köln verstorben.

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