Strategische Partnerschaften eingehen und Investoren gewinnen ist sein Ding. Bernd Oswald ist Co-Founder des österreichischen PropTech-Startups Gropyus. Am WebSummit 2024 tritt er als Speaker auf, um mehr über die nachhaltigen Holz-Hybridhäuser zu erzählen. Deren Bauteile stellt die Jungfirma mithilfe von Robotern automatisiert in einer Smart Factoriy in Deutschland her. Im Interview mit Trending Topics veriert Oswald, das nun auch das erste Bauprojekt für Österreich fix ist.
Gropyus am WebSummit 2024
Oswald ist bereits zum dritten Mal am WebSummit und verfolgt dieses Jahr das Ziel, mehr Aufmerksamkeit für Gropyus zu schaffen und sein Netzwerk zu erweitern. Außerdem wurde er als Speaker eingeladen, um über das Thema „Cleanup with Cleantech“ zu sprechen. Neue Investor:innen seien ebenfalls spannend, da „das Fundraising in Wahrheit niemals aufhört“, auch wenn nur so viel Kapital aufgestellt wird, wie benötigt wird, so der Unternehmer.
Industrialisierung und Automatisierung der Baubranche
Gropyus stellt diverse Bauteile wie Wand- und Deckenelemente in einer Smart Factory mit Hilfe von Robotern her. Durch die starke Automatisierung soll die Bauzeit der Gebäude um bis zu 50 Prozent verkürzt werden. Dies sei aus der Perspektive von Immobilienentwicklern relevant, weil in dieser Periode noch keine Mieterträge fließen. „Um eine Größenordnung zu nenen: Bei einem 50-Millionen-Euro-Projekt bleibt für einen Immobilienentwickler im Schnitt ein zusätzlicher Nettoprofit von 2 Millionen Euro“, erklärt Oswald. In einer herkömmlichen Produktionshalle seien oft über 2.000 Mitarbeiter:innen tätig – im Gropyus-Werk sind es derzeit knapp unter 100 Personen, die die Roboter betreuen.
Machbar sei dies laut Oswald in erster Linie durch die Vorfertigung. „Die Elemente sind so entwickelt, dass das Zusammenstecken auf der Baustelle sehr schnell gelingt. Es gibt keinen Wassereintritt und damit keine Trockenzeiten. Ein Stockwerk kann dadurch möglicherweise schon in zwei Tagen stehen. Während das Gebäude nach oben wächst, kann in den unteren Stockwerken bereits mit dem Innenausbau begonnen werden“, so der Gropyus-Mitgründer.
Weiterer Ausbau der Smart Factory in Deutschland
Für die Fertigung nutzt Gropyus bisher einzelne vollautomatisierte Roboterzellen, die in Österreich hergestellt wurden. Bis Jahresende soll die Vollautomatisierung der Fabrik in Richen (Baden-Württemberg) abgeschlossen sein, sodass ab dem ersten Quartal 2025 die „volle Kapazität“ von 50 Robotern genutzt werden kann. Ab dann sollen zwei digital gesteuerte Produktionslinien automatisiert Wand- und Deckenelemente produzieren. „Der Prozess bleibt in der Grundlogik derselbe, aber das Volumen wird zukünftig 3.500 Wohneinheiten pro Jahr zulassen“, verrät Oswald.
Der Automatisierungsgrad in der Smart Factory soll bei 80 bis 85 Prozent liegen. Obwohl die Automatisierung momentan eher in der Produktionshalle stattfindet, sieht Oswald keinen Grund, warum der Workflow auf der Baustelle selbst in Zukunft nicht ebenso automatisiert und industriell ablaufen kann. „Wir arbeiten daran, das Thema Robotics und automatisierte Prozesse auch auf die Baustelle zu bringen.“
Klimafreundliche Holz-Hybridhäuser
Das Nachhaltige an den Gropyus-Bauten sind die verwendeten Materialien, wie etwa Holz, nachwachsende Rohstoffe und recycelbare Materialien. So setzt das Unternehmen beispielsweise auf Altpapier oder Hanffaser für Zellulosedämmungen. Dabei achtet Gropyus darauf, das Holz so lokal wie möglich zu beziehen – aus Deutschland. Einige spezielle Ingenieurholzprodukte stammen allerdings aus Kanada, erklärt Oswald. Prinzipiell baut Gropyus für die Vermietung.
Einer der großen Kunden ist das private Wohnungsunternehmen Vonovia, für das ein Gebäude mit 27 Wohneinheiten in Berlin in Planung ist. „Wir arbeiten in der Regel entweder mit Bestandshaltern, die das Gebäude verwalten und selbst vermieten wollen, oder mit Immobilienentwicklern wie der Buwog, die das fertige Gebäude am Ende weiterveräußern. Vordergründig geht es um leistbare Vermietung“, so Oswald.
Aktuelle und zukünftige Projekte
Das erste Mehrfamilienhaus, das von Gropyus entwickelt, gefertigt und montiert wurde, ist das Projekt „Im Wohnpark Nette 6“ in der deutschen Stadt Weißenthurm. Ein weiteres befindet sich mit „Immendingen“ am Bodensee in Entwicklung. Oswald plant jedoch auch Projekte in Österreich: „Wir werden danach auch ein Projekt in Österreich umsetzen, das ist uns als österreichisches Unternehmen ein Anliegen. Mehr kann ich dazu noch nicht verraten.“ Viele weitere Projekte befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstufen in der Pipeline.
Über 300 Millionen Euro eingesammelt
Seit 2019 hat Gropyus mehr als 300 Millionen Euro an Kapital eingesammelt. Auf die Frage, weshalb ein so hoher Kapitaleinsatz notwendig ist, antwortet Oswald: „Wir lösen nicht ein einziges Problem, sondern adressieren mit unserer Lösung die Baubranche als Ganzes. Das heißt, von der ersten Planung über Fertigung und Montage bis hin zum Betriebssystem – wir denken die komplette Wertschöpfungskette mit.“ Allein für die Smart Factory sei ein großes Investment im höheren zweistelligen Millionenbereich erforderlich gewesen.
Gropyus will mit seiner Technologie einen technologischen Prozess entwickelt haben, der sich weltweit anwenden lässt. Gemeinsam mit Fertigungs- und Entwicklungspartnern sollen in Zukunft ähnliche Smart Factories wie jene in Baden-Württemberg errichtet werden. Dies könnte dann über ein Lizenzmodell geschehen. Laut Oswald ist es wichtig, lokal zu produzieren und zu bauen, da auch die Logistik berücksichtigt werden muss. „Straßentransport ist ebenfalls nicht unbedingt nachhaltig.“ Leistbares, nachhaltiges Wohnen sollte nicht regionsspezifisch sein, sondern weltweit verfügbar sein.
Zum laufenden Rechtsstreit mit dem umstrittenen Investor Florian Fritsch wollte Oswald keinen Kommentar abgeben.