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Volkswagen in der Krise Volkswagen verkauft umstrittenes Werk in Xinjiang

Volkswagen in der Krise Volkswagen verkauft umstrittenes Werk in Xinjiang

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Volkswagen beendet die Produktion im umstrittenen Werk in Xinjiang und verkauft den Standort an einen chinesischen Staatsbetrieb. Der Verkauf steht im Kontext wirtschaftlicher Entscheidungen, während VW seine Partnerschaft mit SAIC verlängert und eine Produktoffensive für den chinesischen Markt plant.

Download von www.picturedesk.com am 27.11.2024 (09:42). 27 November 2024, China, Peking: The lettering of the Volkswagen Group in China can be seen on the facade of a building. VW has sold its controversial plant in Xinjiang, which the Wolfsburg-based company had operated with the Chinese state-owned company Saic. Photo: Johannes Neudecker/dpa - 20241127_PD0798 - Rechteinfo: Rights Managed (RM)

Volkswagen hat sein umstrittenes Werk in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang verkauft. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Unternehmenskreisen erfuhr, wurde der Standort wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen an der Uiguren-Minderheit seit Jahren stark kritisiert. Volkswagen hatte auf die Vorwürfe mit einer internen Untersuchung reagiert.

Das Werk wurde als Joint-Venture zusammen mit dem staatlichen chinesischen Autobauer SAIC betrieben. Der Verkauf soll aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt sein. Über die Zukunft des Standorts wurde monatelang verhandelt, bevor ein chinesischer Staatsbetrieb aus Shanghai den Betrieb übernahm.

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Verlängerung der Partnerschaft mit SAIC

Das Volkswagen-Werk in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang, genauer in der Stadt Urumqi, wurde 2013 eröffnet und war Teil eines Joint Ventures mit dem staatlichen chinesischen Autobauer SAIC. In diesem Werk wurden Fahrzeuge der Marke Volkswagen montiert, wobei die Produktion auf sogenannte Semi-Knocked-Down-Bausätze (SKD) basierte. Das bedeutet, dass vorgefertigte Fahrzeugteile aus anderen Werken in Ostchina angeliefert und in Urumqi endmontiert wurden.

Parallel dazu verlängerte Volkswagen am Dienstag seine Zusammenarbeit mit SAIC um weitere zehn Jahre bis 2040. Der bisherige Vertrag wäre 2030 ausgelaufen. Die erweiterte Partnerschaft markiert den Start einer Produktoffensive ab 2026: Bis Ende des Jahrzehnts planen Volkswagen und SAIC, insgesamt 18 neue Modelle der Marken Volkswagen und Audi auf den Markt zu bringen, von denen 15 exklusiv für China vorgesehen sind. Ziel des deutschen Autobauers ist es, bis 2030 jährlich 4 Millionen Fahrzeuge in China zu verkaufen und einen Marktanteil von 15 Prozent zu erreichen. Ein Sprecher von Volkswagen betonte, dass kein Zusammenhang zwischen dem Rückzug aus Xinjiang, der vor wenigen Tagen abgeschlossen wurde, und der Vertragsverlängerung mit SAIC bestehe.

Die Produktionskapazität des Werks lag bei etwa 50.000 Fahrzeugen pro Jahr. Allerdings wurde diese Kapazität nicht vollständig ausgeschöpft, was auf eine geringere Nachfrage in der Region zurückzuführen war. Zum Zeitpunkt des Verkaufs beschäftigte das Werk rund 700 Mitarbeiter.

Das Werk geriet in die Kritik von Menschenrechtsorganisationen, da die Region Xinjiang für die Unterdrückung der Uiguren-Minderheit bekannt ist. Berichte über Menschenrechtsverletzungen, darunter Zwangsarbeit und Internierungslager, führten zu Bedenken hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der ethischen Verantwortung von Unternehmen, die in dieser Region tätig sind. Obwohl Volkswagen betonte, keine Hinweise auf Zwangsarbeit in seinem Werk gefunden zu haben, blieb die Kritik bestehen.

Download von www.picturedesk.com am 27.11.2024 (09:42). Rubble outside of the new Volkswagen factory in Urumqi, China, 07?April 2014. Volkswagen has come up against an ethnic conflicts with the opening of the new factory in China, but the adventure continues because China can't go without VW. Photo: STEPHAN?SCHEUER/dpa - 20140407_PD7504 - Rechteinfo: Rights Managed (RM)

SAIC und Volkswagen

Volkswagen war 1984 der erste westliche Automobilhersteller, der ein Joint Venture in China einging. Die chinesische Regierung hatte zu diesem Zeitpunkt begonnen, ihre Wirtschaft zu öffnen, insbesondere durch Kooperationen mit ausländischen Unternehmen, um Know-how und Technologie ins Land zu bringen. In diesem Kontext war SAIC ein strategischer Partner für VW, da der Staatsbetrieb bereits als eines der führenden Automobilunternehmen Chinas galt und über die notwendige politische Unterstützung verfügte.

Das Joint Venture, bekannt als (heute SAIC Volkswagen), wurde 1985 gegründet. Volkswagen brachte sein technisches Know-how und Markenimage ein, während SAIC die lokale Marktkenntnis und Produktionskapazitäten bereitstellte. Der Vertrag sah eine 50/50-Beteiligung vor, wobei die chinesische Seite ursprünglich etwas mehr Entscheidungsgewalt innehatte, um die Kontrolle über Schlüsselindustrien zu sichern.

Die Partnerschaft verfolgte klare Ziele:

  1. China war ein Wachstumsmarkt mit immensem Potenzial, aber auch hohen Eintrittsbarrieren. Die Kooperation mit SAIC ermöglichte VW Zugang zu Produktionsstätten, Vertriebskanälen und politischen Netzwerken.
  2. Für die chinesische Regierung war der Technologietransfer essenziell. VW brachte moderne Fertigungstechniken, Qualitätsstandards und Entwicklungsressourcen ein, die den Automobilsektor in China revolutionierten.
  3. Durch die Errichtung von Produktionsstätten in China konnten Importzölle vermieden werden, was Fahrzeuge für den chinesischen Markt erschwinglicher machte.

Das erste gemeinsam produzierte Modell, der Volkswagen Santana, wurde 1986 eingeführt und entwickelte sich schnell zu einem Verkaufsschlager. Das Fahrzeug war robust, erschwinglich und ideal für die damaligen Anforderungen chinesischer Kunden, insbesondere staatlicher Flotten und Taxibetriebe.

Download von www.picturedesk.com am 27.11.2024 (09:59). A?VW?Santana Taxi stands in a tunnel in Shanghai, China, 11 November 2014. Photo: Ole Spata/dpa - 20141111_PD13179 - Rechteinfo: Rights Managed (RM)
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