Ist es das neue Hassduell der Formel 1? Max Verstappen und George Russell schießen verbale Giftpfeile. Das steckt hinter der Fehde.
Es gab sie schon immer in der Königsklasse des Motorsports; die Duelle von Fahrern, die sich nicht leiden konnten. Lewis Hamilton und Nico Rosberg waren sich nicht grün und sorgten zeitweilig bei Mercedes für einen Krieg der Sterne. Nelson Piquet und Nigel Mansell waren bei Williams auch keine besten Freunde und Michael Schumacher machte in der Öffentlichkeit jedem klar, was er von seinem Titelkonkurrenten Damon Hill hielt: nämlich nichts.
Allein: Von Hass konnte bei keinem Kampf dieser Rivalen der Rennbahn die Rede sein. Wirkliche Hassduelle gab es in der Geschichte der Königsklasse nur zwei. Das erste: 1982 fühlte sich Ferrari-Ikone Gilles Villeneuve von seinem französischen Teamkollegen Didier Pironi beim GP in San Marino verraten und betrogen: Pironi hätte sich nicht an eine klare Absprache gehalten und ihm so den Sieg gestohlen.
Der Hass endete in einer Katastrophe: Beim GP von Belgien zwei Wochen später verunglückte der Kanadier tödlich. Er riskierte im Qualifying bei einem Überholmanöver gegen den langsam fahrenden Jochen Mass zu viel, sein Ferrari überschlug sich mehrmals, Villeneuve wurde samt Sitz herausgeschleudert. Für alle Experten gab es nur einen Grund des Unfalls: Villeneuve wollte unbedingt schneller fahren als sein Erzfeind Pironi, der vorher die Bestzeit gesetzt hatte.
Nach Russells Petzen eskaliert der Streit
Davon ist die aktuelle Fehde zwischen Max Verstappen und George Russell natürlich weit entfernt. Zur Erinnerung: Ausgelöst hatte den Streit eine an sich alltägliche Formel-1-Szene beim Qualifying in Katar vergangene Woche. Beide Fahrer befanden sich in einer Aufwärmrunde – und obwohl Russell Verstappen vor sich sehen konnte, blieb er brutal auf dem Gas und erweckte so den Eindruck, der Niederländer hätte ihn behindert.
Die Folge war nicht nur, dass der frischgebackene viermalige Weltmeister seine Pole an Russell verlor; Russells Petzen führte auch noch zu einem weiteren Strafpunkt für den Red Bull-Star im Verkehrssündenregister der Formel 1. Danach erst eskalierte der Streit verbal.
Fest steht: Besonders aus Verstappens Sicht erinnert das öffentliche Wortgefecht an das zweite legendäre Hassduell der Königsklasse zwischen Ayrton Senna und Alain Prost, als beide 1989 Teamkollegen bei McLaren waren. Erst kurz vor Sennas Tod in Imola 1994 reichte Senna seinem Erzrivalen wieder die Hand. Vorher waren sie erbitterte Feinde. Prost warf Senna öffentlich vor, sein Leben und das anderer im Duell auf der Strecke zu riskieren. Aussagen, die an Russells aktuelle Beschwerden erinnern.
Verstappen ein Gerechtigkeitsfanatiker wie Senna
Senna dagegen, ein Gerechtigkeitsfanatiker wie Verstappen, bezeichnete Prost damals als Intriganten, Politiker und Lügner. Ähnlich klingt auch heute die Argumentation des Red Bull-Stars.
Allein: „Etwas ist anders als damals“, stellen Verstappen-Insider bei F1-Insider.com fest. „Es gibt keinen Prost bei der Fehde.“ Soll heißen: Verstappen gilt jetzt schon als Teil der Eliteliga, zu der auch Senna und Prost gehörten. Davon sei Russell mit seinen erst drei Siegen noch eine Ewigkeit entfernt.
Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko steht logischerweise zu seinem Schützling. Marko zu F1-Insider.com: „Max wird jetzt Vater, dadurch wird sein von Haus aus starker Charakter noch stärker. Er lässt sich nicht verbiegen und sagt immer, was er denkt. Ich glaube ihm, wenn er der Meinung ist, dass Russell bei seiner Darstellung der Ereignisse nicht bei der Wahrheit geblieben ist.“
Die meisten unabhängigen Experten oder Insider im Fahrerlager sehen es ähnlich und stehen auf Verstappens Seite. „Russell reagiert zu empfindlich, er spielte zu sehr die Drama-Queen“, analysiert Sky-Experte Ralf Schumacher. Fernando Alonso springt ebenfalls Verstappen zur Seite und unterstützt dessen These, dass Briten in der Formel 1 bevorzugt werden. Tenor: Vielleicht habe Verstappen er nur den falschen Pass. Mit einem britischen wäre er womöglich gar nicht bestraft worden, ließ die spanischen Motorsportlegende anklingen.
Norris schlägt sich auf Verstappens Seite
Selbst Russells Landsmann Lando Norris erkennt nicht, so Verstappen der Schuldige sein soll. Der McLaren-Pilot: „Ich denke nicht, dass Max versucht, jemanden einzuschüchtern. Oft nennt er die Dinge einfach beim Namen, und heutzutage wollen die Leute nicht die Wahrheit hören. Aber er ist ehrlich und sagt, was er denkt. Für mich geht das voll in Ordnung.“
Was Norris meint: Verstappens Art, offen seine Meinung auszusprechen, ist ungewöhnlich in der Formel-1-Welt, in der die meisten Fahrer aus Angst vor Konsequenzen meist nur vorformulierte Sprechblasen der Presseabteilungen ihrer Teams wiederkäuen. Auch in dieser Beziehung erinnert seine Art an die Ikone Senna, die auch immer offen aussprach, was sie bewegte.
Im freien Training zum GP Abu Dhabi kamen sich Russell und Verstappen übrigens wie von einigen befürchtet noch nicht ins Gehege. Am Donnerstag beim traditionellen Abschlussessen der Piloten dagegen schon. Ein Schelm hatte die Sitzordnung so gelegt, dass die beiden Kontrahenten nebeneinander sitzen sollten. Doch dazu kam es nicht: Russell weigerte sich und flüchtete lieber zur anderen Seite des Tischs zu seinem Noch-Teamkollegen Lewis Hamilton, weit weg von seinem Rivalen. Der Niederländer hätte den spontanen Platzwechsel, so Zeugen des „Dinners for Two“, mit einem lässigen Grinsen wahrgenommen.
Wolff hat ein Problem
Und doch: Für viele steht diese eher harmlose Szene stellvertretend für die Machtverhältnisse in einem ungleichen Zweikampf, auch für das Verhalten auf der Strecke. Tenor: Verstappen ist das Alphatier. Wer nachgibt, hat schon verloren. Dazu passt laut Vertrauten des Holländers: „Ein Verstappen beruhigt sich zwar wieder, aber er vergisst nicht.“
So viel scheint sicher: Das größte Problem hat jetzt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Nach Verstappens Ansage, nie mehr etwas mit Russell zu tun haben zu wollen, muss sich der erklärte Verstappen-Fan womöglich 2026 zwischen ihm und Russell entscheiden, wenn er den Serien-Champion gewünscht für Mercedes verpflichten will.
Auffällig jedenfalls ist: Wolff hat sich zwar wegen Russell mit Red-Bull-Teamchef Christian Horner angelegt, aber es vermieden, Verstappen selbst zu kritisieren.
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Formel 1 Grand Prix von Abu Dhabi
2. Freies Training, Ergebnis
1. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren 1:23,517 Min.
2. Oscar Piastri (Australien) – McLaren +0,234 Sek.
3. Nico Hülkenberg (Emmerich) – Haas +0,462
4. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari +0,582
5. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes +0,602
6. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari +0,684
7. Valtteri Bottas (Finnland) – Kick Sauber +0,713
8. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas +0,718
9. Alexander Albon (Thailand) – Williams +0,752
10. Yuki Tsunoda (Japan) – Racing Bulls +0,980