Monopol

Warum tausende Künstlerinnen und Künstler plötzlich nicht mehr krankenversichert waren

Warum tausende Künstlerinnen und Künstler plötzlich nicht mehr krankenversichert waren
Krankenversicherungskarten (Symbolbild)
Krankenversicherungskarten (Symbolbild)

Die Künstlersozialkasse ermöglicht selbstständigen Kreativen den Zugang zu gesetzlichen Sozialversicherungen. Durch einen Fehler bei einer Systemumstellung waren jedoch rund 30.000 Betroffene bei den Krankenkassen abgemeldet

Eigentlich ist es nur eine kleine Routinehandlung. In jedem neuen Quartal zücken gesetzlich Versicherte beim Arzt ihre Krankenkassenkarte und halten sie gegen ein Lesegerät. Für einen Berliner Künstler brachte diese Anforderung jedoch Ende Februar eine äußerst unangenehme Überraschung. Obwohl er wegen einer akuten Erkrankung beim Arzt war, wurde er in der Praxis abgewiesen, weil seine Karte nicht funktionierte. Erst nach auf Nachfrage bei seiner Krankenkasse erfuhr er, dass er durch die Künstlersozialkasse (KSK) ohne sein Wissen abgemeldet worden war, obwohl er seine Beiträge weiterhin bezahlt hatte. Seit dem 1. Januar hatte er also faktisch keinen Versicherungsschutz mehr - zum Zeitpunkt der Entdeckung rund drei Monate lang.

Der Künstler, dessen Name Monopol bekannt ist, will für diesen Artikel anonym bleiben. Er schätze die KSK sehr, sagt er im Gespräch mit Monopol, und wolle sie auf keinen Fall pauschal angreifen. Er habe aber den Verdacht, dass es anderen Kreativen genauso gehen könnte.

Dieser Fall ist einer von vielen, in denen Künstlerinnen oder Publizisten durch eine Systemumstellung fälschlicherweise von der KSK bei ihren jeweiligen Krankenkassen zum Ende des Jahres 2024 abgemeldet wurden. Wie die Künstlersozialkasse seit dem 18. Februar in einem Statement auf ihrer Website schreibt, sei eine Umstellung der Datensätze dafür verantwortlich. "Betroffen sind die Künstler und Publizisten, die bis zum 31.12.2024 wegen ihres Wohnortes oder ihrer festen Arbeitsstätte dem Rechtskreis Ost angehörten", heißt es in der Mitteilung. "Ab dem 01.01.2025 wurde die Rechtskreistrennung Ost/West aufgegeben. Die Künstlersozialkasse hat ihren Datenbestand daher ab dem 01.01.2025 auf den Rechtskreis West umgestellt. Fälschlicherweise wurde durch diese Umstellung eine Abmeldung wegen Rechtskreiswechsel an die Krankenkassen ausgelöst."

Gegenüber Monopol schreibt ein Vertreter der KSK, es seien circa 30.000 Versicherte betroffen gewesen. Trotz Versicherungspflicht in Deutschland waren sie und gegebenenfalls mitversicherte Angehörige also zwischenzeitlich ohne Schutz. Eine individuelle Kontaktaufnahme der Künstlersozialkasse mit den Betroffenen habe es nicht gegeben. Ob die jeweiligen Krankenkassen den plötzlich ungeklärten Versicherungsstatus aktiv kommuniziert hätten, sei der KSK nicht bekannt. In dem Monopol bekannten Fall des Berliner Künstlers war dies nicht passiert. Erst als die "abgelaufene" Karte beim Arzt aufgefallen war, bekam er Anfang März ein Schreiben, dass er "nach derzeitigen Informationen nicht mehr krankenversichert" war.

Problem "für alle Versicherten gelöst"

Im Statement vom 18. Februar gab die KSK an, "mit Hochdruck" an der Stornierung der Abmeldungen zu arbeiten. Wieso dies erst Wochen nach Auftreten des Fehlers veröffentlicht wurde, kommentierte der Sprecher nicht. Auf Nachfrage hieß es jedoch, dass das Problem seit dem 5. März "für alle Versicherten gelöst" sei.

Auch der Berliner Künstler, mit dem Monopol gesprochen hat, hat wieder Versicherungsschutz, allerdings erst nach mehrfachem Beharren und Nachfragen, wie er erzählt. Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) schreibt auf Nachfrage, von den fehlerhaften Abmeldungen zu wissen. Bei ihnen hätten sich jedoch bisher keine Hilfesuchenden gemeldet. "Wir hoffen, dass die betroffene Kolleg:in keine weiteren Nachteile erfahren und zwischenzeitlich wieder Versicherungsschutz hat. Wir werden die Entwicklungen weiter beobachten", heißt es in der Stellungnahme.

Die Künstlersozialkasse (KSK) sorgt dafür, dass selbstständige Künstler und Publizisten Zugang zur gesetzlichen Sozialversicherung bekommen, ähnlich wie Arbeitnehmer. Sie ist selbst nach eigenen Angaben kein Leistungsträger, sondern koordiniert die Beitragszahlungen für ihre Versicherten, unter anderem zu einer Krankenversicherung freier Wahl.

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