Monopol

"Trumps Leute beherrschen eine lügnerische Bildersprache"

"Trumps Leute beherrschen eine lügnerische Bildersprache"
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Datum
18.03.2025

Debatte

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Die "NZZ" sieht überall Künstler im Tiefschlaf, der "Spiegel" analysiert Trumps Einsatz von Bildern, und weiter Diskussion um den Nachlass von Hilma af Klint: Das ist unsere Presseschau am Dienstag

Debatte

Künstlerinnen und Künstler machten derzeit Eindruck, "als seien sie im Tiefschlaf", meint Roman Bucheli in der "NZZ" mit seinem konservativem Blick auf das Theater, Film und klassische Musik. Er sieht überall Selbstbespiegelungen und Selbstüberschätzung, aber kaum in seinen Augen Relevantes zu den großen Fragen der Zeit. "Damit gibt die Kunst preis, was sie zu einem Instrument der Erkenntnis macht. Wer durch die Augen eines anderen in die Welt schaut, wird in seinen eigenen Wahrnehmungen dieser Welt herausgefordert. Er wird seine eigene Sichtweise überprüfen wollen oder müssen, wird vielleicht daran festhalten oder – auch das ist möglich – sie revidieren. Das kann Kunst, wenn sie sich ernst nimmt." Ausgerechnet in der bildenden Kunst entdeckt Bucheli Hoffnungsschimmer: "Anselm Kiefer zeigt zurzeit in zwei Amsterdamer Museen eine grosse Auswahl seiner Werke, die sich ganz explizit auch mit dem Krieg beschäftigen. Seine als Halbreliefs aus den Bildern heraustretenden, erdig verklumpten Figuren sind gebeugte, geschundene, abgerissene Gestalten. Der Krieg hat sie mürbe gemacht. Sie ziehen wie eine Prozession des Grauens an den Besuchern vorüber. Das erzählt schlicht, nüchtern und ohne Pathos vom Leiden."

Museen

Der Vorsitzende der Stiftung, die das Erbe von Hilma af Klint vertritt, will deren Kunst nur noch Betrachtern zugänglich machen, die sich auf einer spirituellen Suche "im Einklang mit der Hilmas" befinden. Wer testet das, fragt Jürgen Kaube spöttisch in einem "FAZ"-Kommentar. Wird es nun Prüfungen geben "über höhere Wesen oder Madame Blavatsky am Museumseingang? Nachweis der Teilnahme an Praktiken des Tischrückens? Kunstreligiös betrachtet wird den Bildern offenbar nicht zugetraut, die spirituelle Suche auszulösen, die umgekehrt zur Voraussetzung ihrer Betrachtung gemacht werden soll. Das ist so, als verwehrte man Frauen den Besuch einer Ausstellung mit Bildern Piet Mondrians, weil er den Hass gegen das Feminine ausdrücklich als seinen malerischen Impuls bezeichnet hatte." Peter Richter meint in der "SZ", dass der Fall einen Trend offenlegt, der auch vermeintlich der Aufklärung verschriebene Kunstinstitutionen und nicht nur irgendwelche skandinavischen Sektierer betrifft: "In den Museen könnte unterdessen mal die Frage gestellt werden, ob nicht auch jubelnde Kanonisierung und Bejahungszwang auf einen ähnlichen Rückzug aus der Zone der Kritik hinauslaufen. Es ist zuletzt leider ein bisschen sehr üblich geworden, dass Räume der Kunst in Konkurrenz zu Esoterikmessen mit ihren Heilsteinen und Aura-Fotos treten und dass auch jeder historische Irrationalismus gleich verzückt als emanzipativ und 'nicht-westliche Wissensweise' verklärt wird."

Ausstellung

Die Futurismusausstellung in Rom ist schon vor Eröffnung umstritten gewesen, Karen Krüger rollt den Fall für die "FAZ" nochmal auf. Das Problem springt sofort ins Auge: "Sie präsentiert den Futurismus als poppige, leichte Kost, massenkompatibel und geeignet für einen Museumsbesuch mit Kindern; sie zeigt Gemälde, Skulpturen, Pläne, Zeichnungen, Möbel, Bücher und Plakate sowie ein Wasserflugzeug, Autos, Motorräder und wissenschaftliche Instrumente aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zu sehen sind futuristische Meisterwerke – allerdings ohne angemessen auf den Kontext von Krieg und Faschismus einzugehen, in deren Schatten sie entstanden."

Bildkultur

Donald Trump verbreitet ein Meme, das seinen Vorgänger Joe Biden verhöhnt. Das passe zu seiner Strategie, alte Fotos zu löschen und neue zu erzeugen, die in sein Weltbild passen, meint Kunstkritikerin Ulrike Knöfel im "Spiegel". "In den vergangenen Tagen wurde deutlicher denn je, wie wichtig es ihm ist, Stimmung mit Bildern zu machen. Offenbar glaubt er, er könne das amerikanische Publikum mit seinen visuellen Spielereien bei der Stange halten, sie für Schocks und Scherze einsetzen. Deshalb hat er sich 2025 für seine zweite Runde im Weißen Haus im Stil eines Verbrechers ablichten lassen. Fotos können die Betrachter besonders leicht verführen und überlisten. Schließlich wird fotografischen Aufnahmen trotz aller Möglichkeiten zur Manipulation so etwas wie eine Restwahrheit, ein fälschungssicherer Kern unterstellt. Das kommt Trump zugute, er und seine Leute beherrschen eine gewisse lügnerische Bildersprache und können davon ausgehen, dass ihnen die Lüge auch noch als Tatsache abgekauft wird."

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