
••• Von Georg Sohler
Einmal im Jahr trifft sich die Sportbranche im Hotel Hilton Vienna Waterfront im Rahmen von Sport & Marke. Der diesjährige Event am 28. April findet unter nach wie vor herausfordernden Rahmenbedingungen statt. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und der Energiekrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine führten zu einer anhaltenden Rezession. Somit sitzen Sponsoren-Euros und öffentliche Förderungen nicht mehr so locker; eine sich verändernde Medienlandschaft trägt zusätzlich zu einer brisanten Gemengelage bei.
„Der Sport in der Krise – wer rettet ihn?”, betitelte Ausrichter ESB Marketing Netzwerk die Ankündigung des Programms. „Der Titel reflektiert die aktuelle Unsicherheit im österreichischen Sport. Nach monatelanger Regierungsbildung steht nicht fest, welche finanziellen Einschnitte den Sport treffen könnten”, erklärt ESB-Gründer Hans-Willy Brockes im Interview mit medianet.
Die Bundesregierung plant, bis 2028 rund 18 Mrd. € einzusparen – und ob der Sport verschont bleibt, ist für ihn fraglich. Gleichzeitig verändern sich die Machtverhältnisse: Social Media gebe Athleten mehr Eigenvermarktungspotenzial, während klassische Verbände an Einfluss verlieren würden. Darüber hinaus gelte: „Sponsoring, lange eine verlässliche Einnahmequelle, steht unter Druck. Während sich etablierte Marken zurückhalten, drängen neue Player wie Tech-Start-ups in den Markt.”
Bestandsaufnahme
Der Kongress, so Brockes, versteht sich eben gerade nicht als Weichzeichner. Man könne, müsse und dürfe klar ansprechen, dass die großen Marken vorsichtiger agieren, weil „die wirtschaftliche Lage unsicher ist”. Die erwähnten Steigerungen der Sponsoringsummen aus neuen Branchen kompensieren dies, aber diese Brands nutzen den Sport anders als traditionelle Sponsoren. Sie seien sehr performancegetrieben, sie messen genau, welche Werbeinvestition sich lohnt. „Das ist Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite bringen sie frischen Wind und neue Möglichkeiten, auf der anderen Seite sind sie nicht an langfristige Engagements gebunden”, erklärt Brockes.
Während große Events und Premium-Formate noch von diesem Wandel profitieren können, sehe das beim Breitensport anders aus, denn wenn klassische Sponsoren abspringen und die neuen Marken nur punktuell investieren, entstehen Finanzierungslücken: „Das wird eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre sein.” Darum spielt die Politik eine so große Rolle. „Ein großes Thema ist die Finanzierung durch die Österreichischen Lotterien”, sagt er. Jede Kürzung der Sportförderung hätte „gravierende Folgen. Sie sind eine zentrale Stütze des Sports. Wenn sich die politischen Rahmenbedingungen ändern, kann das zu einem Problem werden.”
Best Cases aufzeigen
Der Branchentreff wird demzufolge eine Reihe an Möglichkeiten aufzeigen, wie mit der gesamten Gemengelage umzugehen ist. „Die Zukunft des Sportmarketings liegt in datengetriebenen Konzepten”, ist Brockes überzeugt und listet auf, wer darüber berichten wird: „Hendrik Fischer von One8y wird am Kongress aufzeigen, welche KPIs Sponsoring heute entscheidend machen. Unternehmen wie Lidl, Gösser und Mastercard präsentieren Best Practices zur Markenaktivierung.” Und auch neue Namen treten auf, so erklären etwa „Bitpanda und Waterdrop, wie sie Sponsoring strategisch für globales Wachstum nutzen. Ihre Investitionen in Premium-Sportrechte zeigen, dass neue Märkte erschlossen werden können, wenn Sportmarketing gezielt eingesetzt wird”.
Auch die Digitalisierung spiele eine Rolle: Virtual Sports-Plattformen und KI-gestützte Fan-Engagement-Lösungen steigern die Reichweite und Attraktivität für Sponsoren. Aber: „Es gibt noch weitere heiße Themen.” Und auch diese werden genau analysiert.
Der Preis der Investition
So sind beispielsweise Investoren ein riesiges Thema im Sport, diese entdecken ihn immer mehr als Geschäftsfeld. Die entscheidende Frage? „Zu welchem Preis? Besonders im Fußball gibt es heftige Diskussionen darüber, ob Investoren die Identität von Clubs zerstören oder sie wirtschaftlich absichern.” Über den Kontext Fußball sprechen Vertreter von Vereinen wie dem SK Rapid, Bayern München und Mainz 05.
Auch Tourismus bleibt ein großes Thema. Sportevents sind ein beachtenswerter Wirtschaftsfaktor, aber „die Zusammenarbeit zwischen Sport und Tourismusbranche kann noch besser werden”, ist Brockes überzeugt. Genau dazu gibt es auf dem Kongress ein eigenes Forum.
Das ist aber längst nicht alles, denn man spricht auch über „Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Virtual Sports Plattformen, Smart Stadiums: Das verändert gerade alles. Gleichzeitig wird Nachhaltigkeit immer wichtiger, von grünen Stadien bis hin zu ressourcenschonenden Events.”
Und zu guter Letzt: „Ethik im Sport. Finanzinvestoren, kontroverse Sponsoren, Kommerzialisierung – wo liegt die Grenze zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und den Werten des Sports? Das wird intensiv diskutiert.” Der Kongress ist also nicht nur eine Plattform für Lösungsansätze, sondern auch ein Ort, an dem sich die Branche den großen Fragen stellt.