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Wohin am Wochenende?

Wohin am Wochenende?
Monika Andres "Name, Stadt, Land (Zeitungskostüm und Transparent)", 1988
Ab diesem Wochenende in Dresden: Monika Andres "Name, Stadt, Land (Zeitungskostüm und Transparent)", 1988

Die Kunst der Woche in Allstedt, Baden-Baden, Dortmund, Dresden, Essen, Gera und Köln

Kunstparcours zum Bauernkrieg-Jubiläum in Allstedt

Goldene Flammen umrahmen eine etwa 1,80 Meter große Figur, die die Arme in den Himmel streckt und ihr Gesicht zu einer Grimasse verzieht. "Seyt noer keck!" hat Bildhauer Hermann Grüneberg seine keramische Installation genannt, die zwei Außenwände eines privaten Eckhauses in Allstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt ziert. Grünebergs Werk, in dem er nach eigenen Angaben "das Haus symbolisch in Brand steckt" und damit auf den Bauernkrieg anspielt, steht für Rebellion und Veränderung. "Der Systemwechsel, damals wie heute", sagt der 41-Jährige. Es sei ihm nicht um bloße Dekoration gegangen, sondern um eine Aufwertung des Gebäudes.

"Seyt noer keck!" ist eine von zehn Positionen des etwa einen Kilometer langen Kunstparcours "Glühende Horizonte", mit dem sich die in Halle ansässige Kunststiftung Sachsen-Anhalt an der dezentralen Landesausstellung "Gerechtigkeyt 1525" beteiligt. Sie thematisiert 500 Jahre Bauernkrieg und den 500. Todestag des Reformators Thomas Müntzer, der um 1489 in Stolberg geboren wurde. Der Parcours in Allstedt ist das größte und umfangreichste Projekt, das die Kunststiftung bisher umgesetzt hat. Die Planungen haben vor etwa drei Jahren begonnen, sagt Kurator Björn Hermann.

"Allstedt ist in der Kunst noch ein weißer Fleck", sagt Stiftungsdirektorin Manon Bursian. "Noch nie hat es hier eine Ausstellung oder ähnliches gegeben." Skulpturen, Installationen, Fotografien und Textilarbeiten unter freiem Himmel machen die Kleinstadt zu einem Ort zeitgenössischer Kunst und seine etwa 2.700 Einwohnerinnen und Einwohner zum Teil einer Freiluftgalerie. "Der weiße Fleck ist nun Geschichte", sagt Bürgermeister Daniel Kirchner. "Allstedt ist jetzt ein Anlaufpunkt für Kunstinteressierte. Es war ein Erlebnis, wie das alles Gestalt angenommen hat."

Die Ackerbürgerstadt Allstedt war 1523 und 1524 ein Zentrum der Reformation. Müntzer, der dort 1523 eine Pfarrstelle antrat, erlebte und erreichte in Allstedt den Höhepunkt seines theologischen Schaffens. Im Juli 1524 hielt der Theologe seine sogenannte Fürstenpredigt auf Schloss Allstedt. Der Text wurde Müntzers bekanntester Text - ebenso radikal wie utopisch. "Allstedt war Experimentierfeld, Labor und Mikrokosmos von Müntzers Ideen", sagt Bursian.

In der "Fürstenpredigt" ruft der Theologe die weltlichen Fürsten dazu auf, für eine radikale Gesellschaftsreform einzutreten. Eine Reform, die weit über die Vorstellungen seines ehemaligen Freundes und Verbündeten Martin Luthers hinausging.

Müntzer gilt als einer der Anführer des Bauernkrieges. Er räumte dem gemeinen Mann erstmals ein Widerstandsrecht ein, ermutigt ihn, sich vom Untertanen zum selbstbestimmten Menschen zu erheben. Müntzer wurde nach der Schlacht von Frankenhausen im Mai 1525 enthauptet.

An der Landesausstellung Sachsen-Anhalt 2024/25 "Gerechtigkeyt 1525" beteiligen sich neben der Kunststiftung Sachsen-Anhalt unter anderem auch die Stiftung Luthergedenkstätten, die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt sowie die Werkleitz Gesellschaft. Bund und Land fördern den Ausstellungszyklus. Ein Mittelpunkt ist der Landkreis Mansfeld-Südharz, in dem auch Allstedt liegt. (dpa)

"Glühende Horizonte", Allstedt, bis 5. Oktober

Blick auf die Wandinstallation "Seyt noer keck!" des Bildhauers Hermann Grüneberg auf dem Kunstpfad "Glühenden Horizonte" in Allstedt
Blick auf die Wandinstallation "Seyt noer keck!" des Bildhauers Hermann Grüneberg auf dem Kunstpfad "Glühenden Horizonte" in Allstedt

Richard Pousette-Dart in Baden-Baden

Der Siegeszug der Abstraktion in den USA der 1940er ist nicht nur Stars wie Jackson Pollock und Mark Rothko zu verdanken, sondern auch Unbekannteren, unter ihnen der Maler, Bildhauer und Fotograf Richard Pousette-Dart (1916–1992). Mit rund 140 Arbeiten aus sechs Schaffensjahrzehnten gibt das Museum Frieder Burda nun einen opulenten Überblick über das Werk des US-Künstlers, der lebenslang von der emotionalen Wirkung des Lichts fasziniert war. Zu sehen ist das insbesondere an seinen malerischen Darstellungen des nächtlichen Sternenhimmels. Der ästhetische Reiz glänzender Reflexionen liegt auch seinen Messingobjekten zugrunde: handgefertigten Gegenständen, die die Grenze zwischen avantgardistischer Skulptur und modernem Schmuck überschreiten.

"Poesie des Lichts. Richard Pousette-Dart", Museum Frieder Burda Baden-Baden, bis 14. September

Richard Pousette-Dart "Feier der Geburt", 1975/76
Richard Pousette-Dart "Feier der Geburt", 1975/76

Soshiro Matsubara in Dortmund

In seinen "Environments" thematisiert Soshiro Matsubara Rausch, Obsessivität und Sehnsucht, wobei Keramik, Malerei, Zeichnung und skulpturale Elemente in den magischen Rauminstallationen zusammenfinden. 1980 im japanischen Hokkaido geboren, hinterfragt der heute in Wien lebende Künstler Wahrnehmung, Erinnerung und Konstruktionen von Identität. Seine Werke verbinden schwarzen Humor, raffinierte kunsthistorische Bezüge, Ästhetik des Dandyismus und ikonografische Exzentrik miteinander. Für den Dortmunder Kunstverein entwickelt Matsubara eine umfangreiche neue Installation, die auf die Glasarchitektur und die Wendeltreppe des Kunstvereins reagiert.

"Soshiro Matsubara. Sleeves of Desire", Dortmunder Kunstverein, bis 31. August

Installationsansicht Soshiro Matsubara "Presque partout", 2024
Installationsansicht Soshiro Matsubara "Presque partout", 2024

Künstlerinnengruppe Erfurt in Dresden

Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) gibt der Aktionskunst zu DDR-Zeiten noch einmal eine Bühne. Im Zentrum stehen dabei die 1984 gegründete Künstlerinnengruppe Erfurt und die 1982 in Dresden entstandene Gruppierung Autoperforationsartisten mit vier Studentinnen und Studenten der hiesigen Kunsthochschule, teilten die SKD mit. "Mit ihren Aktionen, Kostümen und Körperinszenierungen grenzten sich nonkonforme Künstlerinnen in Erfurt und Dresden von der staatlich geförderten Kunstszene der DDR in den 1980er-Jahren ab, fanden neue Ausdrucksformen und schufen Räume des Widerstands und der Selbstbestimmung", hieß es. Auch die Zusammenarbeit der Malerin Christine Schlegel mit der Tänzerin Fine Kwiatkowski wird thematisiert. Den Ausgangspunkt der Schau bilden Kostüme der Erfurter Gruppe, die als Teil von Mode-Objekt-Shows, Performances und Super-8-Filmen inszeniert wurden. In gefilmten Interviews sprechen einige der Künstlerinnen über ihre Gedanken und Erinnerungen an die Aktionskunst, mit der sie gesellschaftskritische Themen verarbeiteten. (dpa)

"Aus der Reihe tanzen. Aktionskünstlerinnen in der DDR", Albertinum Dresden, bis 31. August

Else Gabriel "Der Daumen der Strafe", 1986
Else Gabriel "Der Daumen der Strafe", 1986

Paula Rego in Essen

Sie prangerte mit Schreckensbildern die Folgen eines strikten Abtreibungsrechtes an und kämpfte über sieben Jahrzehnte für mehr Sichtbarkeit von Frauen in der Kunst: Der portugiesisch-britischen Malerin und mehrfachen Biennale-Teilnehmerin Paula Rego (1935-2022) widmet das Museum Folkwang eine Retrospektive mit 130 Werken. Rego zähle zu den bedeutendsten Gegenwartskünstlerinnen in Portugal wie in Großbritannien, sagte Museumschef Peter Gorschlüter am Donnerstag bei der Präsentation der Ausstellung. Gezeigt würden unter anderem fünf großformatige Bilder des "Abortion" (Abtreibungs)-Zyklus in Pastell, die Rego ab 1998 als Reaktion auf einen gescheiteren Liberalisierungsversuch im portugiesischen Abtreibungsrecht geschaffen hat, sagt Kuratorin Nadine Engel. "The Personal and the political" ist der Untertitel der Ausstellung. Ihr Werk verhandele drängende Themen wie politische und sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch und soziale Ungerechtigkeit, so das Museum. Im Mittelpunkt stehen die Rechte von Frauen und Kindern. In Lissabon geboren, hatte Rego seit den 1950er-Jahren in ihrer Wahlheimat England ihre schonungslose und oft figurative Kunst entwickelt. Von Beginn an verarbeitete sie dabei die politische Realität in ihrem Heimatland Portugal, in dem bis 1974 Diktatur herrschte. (dpa)

"Paula Rego. The Personal and The Political", Museum Folkwang Essen, bis 7. September

Paula Rego "Love", 1995
Paula Rego "Love", 1995, ab dieser Woche in Essen

Otto Dix in Gera

Ein neue Sonderausstellung im Geburtshaus des Malers in Gera zeigt Werke von Otto Dix und anderen Kunstschaffenden. Die Schau mit dem Namen "'Die neue Sachlichkeit, das habe ich erfunden' – Otto Dix und Zeitgenossen" zeige 36 Arbeiten von 18 Künstlerinnen und Künstlern, teilte das Kulturamt der Stadtverwaltung Gera mit. Auch Werke von der Berlinerin Jeanne Mammen (1890-1976), Olga Hayduk (1896 - 1988) und des wie Dix in Gera geborenen Kurt Günther (1893-1955) sind zu sehen. Die Bilder stammen aus dem Bestand der Kunstsammlung Gera. Anlass ist ein Jubiläum: Vor 100 Jahren wurde in der Kunsthalle Mannheim (Baden-Württemberg) die bedeutende und für die Kunstrichtung namensgebende Ausstellung "Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus" gezeigt. Die Kunstströmung entstand in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen.

"Der Fokus der Neuen Sachlichkeit lag auf einer nüchtern-akribischen und ungeschminkten Wiedergabe der Wirklichkeit. Zudem wurde das Alltägliche, Banale darstellungswürdig, wodurch der Zeitgeist jener Jahre, häufig in ganz ungewohnte Perspektiven, zum Bildgegenstand wurde", fasste das Kulturamt zusammen. Dix gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Kunstrichtung. Im Laufe seines Schaffens änderte er seinen Stil immer wieder. In der Nazizeit wurden seine Werke diffamiert. Geprägt von eigenen Erlebnissen setzte er sich in seinen Arbeiten kritisch mit Krieg und sozialen Zuständen auseinander. Er wurde 1891 in Gera geboren und starb 1961 in Singen am Bodensee. (dpa)

"'Die neue Sachlichkeit, das habe ich erfunden' – Otto Dix und Zeitgenossen", Otto-Dix-Haus Gera, bis 14. September

Leiter der Kunstsammlungen Holger Saupe in der neuen Sonderausstellung: "'Die neue Sachlichkeit, das habe ich erfunden' – Otto Dix und Zeitgenossen" in Gera
Leiter der Kunstsammlungen Holger Saupe in der neuen Sonderausstellung: "'Die neue Sachlichkeit, das habe ich erfunden' – Otto Dix und Zeitgenossen" in Gera

Pauline Hafsia M'Barek in Köln

Das erste, was der Blick des Betrachters erfasst, ist das Motiv – das, was auf dem Foto sichtbar wird. Was jedoch im Verborgenen bleibt, ist die komplexe chemische Alchemie, die diesem Bild zugrunde liegt. Hier treffen organische und anorganische Elemente aufeinander und schaffen ein sensibles Medium, dessen Bewahrung eng mit seiner Konservierung verknüpft ist. Die Künstlerin Pauline Hafsia M'Barek widmete ihre Artist Residency am Kölner Museum Ludwig einer intensiven Auseinandersetzung mit der Substanz des Fotos. Herausgekommen ist eine raumgreifende Installation, die auf multimediale Weise tief in die Welt der Fotografie eintaucht.

Alle zwei Jahre lädt das Museum Ludwig, genauer gesagt die Internationale Photoszene Köln, im Rahmen des Programms "Artist Meets Archive" Künstlerinnen und Künstler dazu ein, sich mit den Beständen des Archivs auseinanderzusetzen. Diese Gelegenheit eröffnet einen wichtigen Raum für die Interaktion zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Pauline Hafsia M'Bareks Ausstellung ist Teil des Photoszene-Festivals in Köln. Mit 101 verschiedenen Standorten verwandelt sich die Stadt ab diesem Wochenende für etwa einen Monat in ein Paradies für Fotografie-Fans.

"Pauline Hafsia M’barek. Entropic Records", Museum Ludwig Köln, bis 9. November

"Internationale Photoszene Köln", Köln, bis 15. Juni

Pauline Hafsia M'Barek "Ohne Titel (Tropfen)", 2025
Pauline Hafsia M'Barek "Ohne Titel (Tropfen)", 2025

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