
Das Medium Fotografie steht im Zentrum einer Doppelausstellung mit den beiden neuen Trägerinnen des Bernd-und-Hilla-Becher-Preises in der Kunsthalle Düsseldorf. Ursula Schulz-Dornburg, der die Jury den Hauptpreis zusprach, dokumentiert in Ländern wie Armenien, Syrien oder Russland landschaftliche Veränderungen und den Verfall politischer Systeme. Die 1938 geborene Fotografin verfolgt in ihrer Arbeit ein kulturhistorisches anthropologisches Interesse, das sie mit der "Vertikalität der Zeit" beschreibt. Ihre jüngere, mit dem Förderpreis ausgezeichnete Kollegin Farah Al Qasimi – 1991 in Abu Dhabi geboren – untersucht in ihren fotografischen, filmischen und performativen Arbeiten postkoloniale Strukturen von Macht, Geschlecht und Geschmack in den arabischen Golfstaaten.

Herrnhuter Sterne, Designerdirndl, alte Teeschalen - eine Ausstellung des Kunstgewerbemuseums Dresden widmet sich dem "Mythos Handwerk. Zwischen Ideal und Alltag". Es geht um Material und Werkzeug, aber auch Annahmen und Zuschreibungen, "die über das Eindeutige der Tätigkeit, des Berufs oder einer Branche hinausgehen", hieß es in der Ankündigung der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD). Je nach Sichtweise gelte Handwerk als traditionell, authentisch, regional, körperlich oder individuell. Die Schau verstehe sich auch als Forum zur Auseinandersetzung mit dem sächsischen und überregionalen Handwerk von der Vergangenheit bis in die Zukunft.
Im Japanischen Palais spiegeln bis Mitte Dezember mehr als 150 Objekte, Bilder, Infografiken oder Installationen das Verhältnis zwischen lokaler und globaler Produktion, Hobby und Meisterschaft, Einzelstück und Serie, Kopf- und Handarbeit, Luxus und Notwendigkeit, Fortschritt und Tradition aus verschiedenen Perspektiven. Highlights sind die vor 100 Jahren patentierten Herrnhuter Sterne, ein Designerdirndl, das afrikanische und bayerische Einflüsse vereint oder mit Kintsugi-Technik reparierte Teeschalen. In einer Werkstatt und der Fair Fashion Factory kann das Publikum selbst Hand anlegen und zudem auch mit dem und über das Handwerk als Partner der Ausstellung ins Gespräch kommen. (dpa)
"Mythos Handwerk. Zwischen Ideal und Alltag", Staatliche Kunstsammlung Dresden, bis 21. Dezember 2025

Ostrale in Dresden
Die diesjährige internationale Dresdner Ausstellung zeitgenössischer Kunst Ostrale mit dem Titel "Never Grey" ist ein Statement gegen das Schwarz-Weiß-Denken, für Offenheit und farbige Vielfalt. Die Farbe als Mittel zur Aktivierung, Verstärkung der Wahrnehmung und Förderung des Diskurses sei der "bunte" Faden in der Dramaturgie der Schau, sagte Ostrale-Direktorin Andrea Hilger. "Wir müssen Veränderung zulassen, besser wahrnehmen, Zwischentöne verstehen, Zeit füreinander und umeinander für alles Leben bewahren, behalten und geben." Ab Samstag und bis zum 5. Oktober sind rund 300 Werke von 106 Künstlern aus 32 Nationen in der robotron-Kantine versammelt, einem noch unsanierten und nur temporär genutzten Pavillon der Ostmoderne im Stadtzentrum.
Thematisch liegt der Fokus in der Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen wie Krieg, Identität, Konsumverhalten und Umgang mit der Natur, wie die Kuratoren erklärten. Im Mittelpunkt stehe die Idee der Farben als Material, als Symbol, als Dialog, sie seien Ausdruck von Identität, eines kulturellen und politischen Raums.
"Die Bandbreite der Grautöne dient auch als Metapher für das Spektrum zwischen Extremen", sagte Kuratorin Drorit Gur Arie aus Israel. "Mit den Werken schlage ich eine Farbpalette vor, in der selbst nebeneinanderliegende Farben mit ihrer Reinheit und rohen Ausstrahlung harmonisch nebeneinander existieren können." Dasselbe gelte für die menschliche Existenz. (dpa)
Ostrale Biennale 025 "Never Grey", Dresden, 7. Juni bis 5. Oktober

Ostfriesland Biennale in Emden
Die Ostfriesland Biennale, die zeitgenössische Kunst an besonderen Orten in Ostfriesland und den Niederlanden erlebbar macht, bekommt eine zweite Auflage. Das länderübergreifende Kunstfestival wird am Freitag ab 19 Uhr in der Emder Kunsthalle eröffnet. "Wir freuen uns sehr auf die zweite Ausgabe der Ostfriesland Biennale", sagt Silke Oldenburg, eine der Kuratoren, der Deutschen Presse-Agentur.
Der Zuspruch nach der ersten Ausgabe 2022 sei groß gewesen. Organisatorische Gründe hätten dazu geführt, dass die Biennale nun ausnahmsweise erst nach drei Jahren erneut stattfinde. Bis zum 7. September sind bei der dezentralen Ausstellung rund um den Dollart, in den benachbarten Niederlanden sowie in Oldenburg und Wilhelmshaven Arbeiten von mehr als 50 internationalen Künstlerinnen und Künstler zu sehen - ausgestellt werden sie in der Natur oder an besonderen Orten. Dazu zählen etwa der Schlosspark der Evenburg in Leer, der Kunstverein Aurich, die Ludgerikirche und der Kunstverein in Norden, der Schlosspark Lütetsburg (beide Landkreis Aurich), die Menkemaborg in Uithuizen nördlich von Groningen, das Landesmuseum für Kunst und Kultur in Oldenburg sowie die Kunsthallen in Wilhelmshaven und Emden.
Organisiert wird die Biennale ehrenamtlich von einem Verein. Die Emder Kunsthalle beteiligt sich etwa mit ihrer erst kürzlich eröffneten Ausstellung "Dem Himmel so nah. Wolken in der Kunst". Im Schlosspark der Evenburg sind unter anderem Werke des Zeichners Stefan Marx und Arbeiten des Künstlers Rolf Bier zu sehen. Der Kunstverein Norden zeigt die Ausstellung "Tides of Latitude" in der Studierende der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und der Minerva Art Academy Groningen Werke präsentieren. Nach dem offiziellen Start in der Kunsthalle finden an Wochenende an allen Orten kleine, eigene Eröffnungsveranstaltungen statt. Wer die Werke der Ostfriesland Biennale sehen will, sollte die individuellen Öffnungszeiten und Eintrittspreise der Ausstellungsorte beachten, empfehlen die Festivalmacher. (dpa)






"Nothing about us without us" – nichts über uns ohne uns. In Großbuchstaben leuchtet dieser Slogan auf einem Banner. Darüber Zeichnungen von Menschen mit Behinderung im Protest für Gleichberechtigung. Inklusion ist ein politisches Muss – doch in der Kultur bleibt sie oft oberflächlich. Ein Aufzug, ein Audioguide – und schon gilt der Raum als barrierefreie Zone. Das Victoria and Albert Museum in London setzt dem ein radikales Konzept entgegen. In "Design and Disability" treffen 170 Werke aus Design, Aktivismus und Alltagsleben aufeinander, gestaltet von Menschen, die die Geschichte allzu oft an den Rand gedrängt hat. Schon der Eingang der Ausstellung ist Teil des kuratorischen Statements: Orientierungsmittel, Räume, Schilder – alles denkt mit, alles spricht mit.
Die erste Sektion "Visibility" versammelt künstlerische Strategien der Sichtbarmachung. Kreative fordern ihren Platz, laut, visuell, performativ. gramm der Fürsorge, sondern eines der Selbstermächtigung. Ein Manifest, das nicht um Zugang bittet, sondern längst durch die Tür geht. Ihre Arbeiten brechen mit Stereotypen, schreibe neue Narrative, eröffnen andere Perspektiven auf Körper, Identität und Teilhabe. "Tools", der zweite Bereich, zeigt Erfindungen aus einem Mangel heraus – entstanden, weil Gesellschaft und Systeme keine Alternativen bereithalten. Wer mit Behinderung lebt, muss oft selbst gestalten, was anderen einfach zur Verfügung steht. Prothesen, Tastaturen, Griffe für Bürsten und Eyeliner: Es sind nicht nur Werkzeuge für den Alltag, sondern Ausdruck eines erfinderischen Überlebens – und zugleich ein stiller Protest gegen Strukturen, die Barrierefreiheit dem Zufall überlassen.
